Nachdem wir kürzlich schon im Bundestag zu Gast waren, mag der gestrige Tag manch einem als logische Konsequenz vorkommen: Wir waren tatsächlich in Brüssel im EU-Parlament!

“Defending pastoralism towards a European wolf plan” war das große Thema und viele Redner aus unterschiedlichen Bereichen kommend waren eingeladen. Spannend war es schon, bevor es begann mit der eindrucksvollen Architektur, diversen Kamerateams, die sich vor den Gebäuden herumtrieben und fleißig vor sich hin filmten…sehr zu unserem Leidwesen durchaus häufig in unsere Richtung und wer weiß, durch welche Sendung wir da in welchem Land spazieren…dann die Einlasskontrollen wie beim Flughafen und schlussendlich der Sitzungsaal mit den vielen Simultanübersetzern in ihren kleinen Kabinen.

Und dann erst die einzelnen Reden und Vorträge – bei dem Thema natürlich unterschiedliche Sichtweisen und bereits nach fünf Minuten gab es erste kleine Dispute…

Was gab es zu hören?

Aus Niedersachsen erfuhren wir, dass Herdenschutz funktioniert! Es gäbe keine Korrelation zwischen der Zahl der Wölfe und der Nutztierrisse und dort, wo frühzeitig Herdenschutz umgesetzt wurde, passiere wenig bis gar nichts. Dabei seien die Kosten für vernünftigen Herdenschutz sehr gering im Vergleich zu z.B. den Agrarsubventionen. Der Wolf sei ein wichtiger Gesundheitspolizist und helfe z.B. bei Tilgung der afrikanischen Schweinepest.

In Spanien gibt es wohl mehr als 2000 Wölfe, wobei die 15 % im Süden das größte Problem darstellen, da dort die meisten Nutztiere leben.

Insgesamt wird geschätzt, dass in Europa mindestens 20.000 Wölfe leben, weshalb manch einer – sehr zum Ungemach manch anderer- der Meinung war, dass der Wolf seinen Weg schon gehen wird und keinen verstärkten Schutz mehr brauche.

Von den Österreichern erfuhren wir, dass sie – obwohl momentan noch eher ein Wolftransitland – häufig eher wenig begeistert sind und davon ausgehen, dass viele Herdenschutzmaßnahmen bei ihnen nicht anwendbar sind. Dies betrifft u.a. die Almen bzw. Weiden, die oft nicht wolfssicher eingezäunt werden können, aber auch die Tatsache, dass viele Österreicher eher kleine Betriebe im sog. Nebenerwerb führen. Die Anschaffung mehrerer Herdenschutzhunde käme daher für viele dieser Bauern gar nicht in Frage. Auch habe es schon unerfreuliche Begegnungen von Touristen mit diesen Tieren gegeben, die nicht unbedingt als Tourismusförderlich einzustufen seien.

Dem gegenüber stand der Vorschlag, den Wolf als Tourismusmagneten einzusetzen und durch eine Art „wolf-watching“ Einnahmen für die betroffenen Gemeinden zu generieren.

Aus Frankreich war u.a. von 60 Rudeln in den Alpen zu hören sowie von diversen und massiven Herdenschutzmaßnahmen. So verfügen die Bauern dort über 3000 Herdenschutzhunde! Dennoch steigen die Risszahlen und 92 % der Angriffe betreffen die eigentlich geschützten Tiere. Gleichzeitig scheinen die Wölfe ihre Scheu vor den Menschen zu verlieren, kommen immer näher und jagen mittlerweile verstärkt auch tagsüber.

Natürlich wurde auch die Hybridfrage diskutiert und damit verbindend zusätzlich die Frage nach abzugrenzenden Populationen. Auch hier differierten die Meinungen sehr. Wurde z.B. die Hybridisierung als eindeutiges Problem festgestellt und von mehreren Rednern als präsent beschrieben, hieß es anderswo, es handele sich hier lediglich um sehr geringe, unbedeutende Zahlen.

Ähnlich war die Kontroverse bezüglich der Populationen. Waren die einen der Meinung, es gäbe sicher abzugrenzende Populationen, entgegneten die anderen, dass die Zeit und die Lebensweise der Wölfe es mitbringen würde, dass sich langfristig eine gemeinsame große Population entwickeln würde.

Abschließend wurden Fragen gestellt und diskutiert. Leider aber hatten viele Redner gewisse zeitliche „Anpassungsschwierigkeiten“ bzw. möglicherweise einfach ein anderes Zeitverständnis. So zeigte sich doch eine große Varianz, was eine Rednerzeit von 10 min angeht, wobei die einzige Gemeinsamkeit war, dass niemand UNTERHALB dieser Zeit blieb. Und dieses Phänomen setzte sich auch in der anschließenden Diskussion durch, die für Frage und Antwort auf jeweils eine Minute terminiert war. Irgendwann fanden wir uns in einer Wette mit unserem Sitznachbarn wieder, ob denn der Antwortende an diesem Tag überhaupt noch aufhören würde zu reden…schade war, dass das wartende Flugzeug bzw. der Pilot für so etwas natürlich keinerlei Verständnis besitzt, so dass wir leider nicht bis zum Schluss bleiben konnten.

Dennoch war es ein toller Tag mit vielen neuen und sehr interessanten Kontakten und guten Gesprächen.

Aber jetzt ist Erholung angesagt!

das ForGen-Team

 

ForGen jetzt auch in Brüssel!!!