Oft werden wir bei ForGen mit anderen Laboren verglichen. Dann heißt es, „das andere Labor kann aber sicher 99,99999 % herausbekommen“ oder „die anderen garantieren mir eine Bruderfeststellung mit über 99 % Sicherheit“ oder ganz einfach „Das Labor untersucht aber mehr Merkmale als sie und ist damit ja viel besser“. Das ist manchmal ganz schön anstrengend, weshalb wir uns einmal auf diesem Wege äußern möchten.
Ist mehr also besser?!?
Wie so oft ist auch hier die Antwort nicht einfach ja oder nein.
Untersuchen wir z.B., ob eine Spur zu einem Tatverdächtigen passen kann, ist es immer besser, je mehr Genorte (=Marker) wir untersuchen. Warum? Weil eine Person eindeutig einer Spur zugeordnet werden kann, wenn ALLE untersuchten Merkmale auch in dieser Spur zu finden sind. Einfach ausgedrückt, guckt man sich den ersten Genort an und stellt fest, dass hier die Merkmale zwischen Spur und Person identisch sind und dass 1 von 10 Personen (aus derselben Population wie unser TV) auch diese Merkmale aufweist. Passt auch der zweite Genort, gibt es hier ebenfalls eine Einzelwahrscheinlichkeit (z.B. hat 1 von 18 Individuen diese Kombination) und diese wird mit der ersten zusammengerechnet. So macht man immer weiter und je mehr Genorte untersucht werden, desto besser wird das Ergebnis. In der Forensik landen wir dabei bei 16 untersuchten Genorten meist in den Bereichen von 1 zu mehreren Quadrillionen!!! Warum ist das so? Weil alle Genorte übereinstimmen müssen und es nicht sein kann, dass z.B. ein Genort von 16 untersuchten nicht identisch ist. Dann muss überlegt werden, ob die Spur möglicherweise von einem Verwandten kommt. (Wie gesagt, vereinfachte Erklärung, es gibt noch Mutationen und allelic drop out, aber das lassen wir an dieser Stelle einmal weg).
Ist die Fragestellung aber komplizierter, geht es z.B. um eine Geschwisterschaft, gilt dieses Prinzip nicht mehr ganz so. Hier haben wir immer zwei Merkmale, die von der Mutter stammen können (z.B. die Merkmale AB) und zwei, die der Vater vererben kann (z.B. CD). Und daher kann es sein, dass zwei Geschwister in manchen Genorten keinerlei Gemeinsamkeiten haben (z.B. AC und BD). Untersucht man nur diese Geschwister kann es daher sehr schwierig sein, festzustellen, ob sie tatsächlich Geschwister sind und hier ist es daher so, dass nicht zwangsläufig mehr Genorte besser sind. Geschwister haben nur statistisch gesehen eine höhere Wahrscheinlichkeit, genetisch ähnlicher zu sein, als unverwandte Individuen. Daher kann hier die Wahrscheinlichkeit für eine Geschwisterschaft nach Untersuchung von 10 Genorten bei 90 % liegen und bei Analyse weiterer 5 Marker bei nur noch 75 %……Wer solche Untersuchungen macht, braucht ein stabiles Hintergrundwissen und entsprechende Vergleichsstudien und Referenzdaten, um zu wissen, ab wieviel Markern statistisch das beste Ergebnis erzielt wird.
Noch ein wenig komplizierter wird es bei Frage zur Hybridisierung bzw. einfacher ausgedrückt bei der Vermischung zweier Gruppen. Leicht wäre es hier, wenn man zwei Gruppen hätte, die keine gemeinsame Schnittmenge haben; die einen sind rot, die anderen weiß und hätte man einen Mischling der beiden, wäre der rosa (bzw. die eine Hälfte seiner Merkmale rot und die andere weiß). Hier haben wir das gleiche Prinzip. Man untersucht verschiedene Genorte und es ist wichtig, wie die Merkmale in diesen Genorten verteilt sind. Hätte man dementsprechend einen Genort, der nur rote oder weiße Merkmale hat (also nur Merkmale, die entweder bei der einen ODER bei der anderen Gruppe auftauchen), wäre diese Marker sehr gut geeignet für eine Unterscheidung. Dann würde z.B. die Mutter aus der einen Gruppe nur rote Merkmale vererben und der Vater aus der anderen Gruppe nur weiße und das Kind wäre halb und halb.
Hat man aber einen Marker, dessen sämtliche Merkmale nahezu durchgängig bei beiden verschiedenen Gruppen gleich häufig vorkommen, wäre dieser Marker nicht sonderlich gut geeignet, um die beiden Gruppen auseinander zu halten. Was also tun? Man muss die Genorte finden, die möglichst viele Merkmale haben, die entweder nur bei der einen oder bei der anderen Gruppe vorkommen oder, die sich zumindest in ihrer Verteilung sehr stark unterscheiden. Und dies führt dann zu einem guten Assay. Und natürlich wird dieser besser, je mehr GUTE Marker man auswählt. Aber einfach zu sagen, je mehr je besser – das ist schlicht falsch. So könnte man für einen Assay viele Marker auswählen, die alle NICHT gut geeignet sind für die jeweilige Fragestellung. Und schon würde das Ergebnis hier viel schlechter ausfallen. Oder man packt zu10 guten Markern fünf wirklich schlechte und verwässert damit die ganze Analyse. Und ob ein Marker gut oder schlecht ist, hängt oft von der Fragestellung ab.
Zusammengefasst also heißt also die Antwort „es kommt drauf an“ – Viel Schokokuchen ist besser als wenig, das mag für die meisten unter uns gelten. Nicht aber für den Diabetiker oder den Diätfreund. Viele Schulden hingegen sind für den Normalbürger selten besser als wenige, der Banker allerdings…. Das könnte man jetzt endlos so weiterspinnen, wir glauben aber, die Botschaft ist rübergekommen oder? Wenn jemand meint, etwas kritisieren zu können, sollte er auch Ahnung von der Sache haben. Und wer Fragen hat, kann sich gerne bei uns melden oder uns zu Fortbildungen und Vorträgen einladen, BEVOR er meckert.

Eine gute Woche wünscht Euch das ForGen-Team!

Je mehr, je besser? – ForGen informiert: Sind mehr genetische Marker immer besser?