Immer wieder werden wir gefragt und in vielen Gesprächen oder auch in vielen Kommentaren bemerken wir, dass viele gerne wissen möchten, was es heißt, wenn ein Labor akkreditiert ist.
Akkreditieren lassen kann sich prinzipiell jeder, der Lust und Zeit und viel Geld übrighat. Viele machen es, weil sie sich einen Wettbewerbsvorteil anderen Laboren oder Geschäften, Betrieben etc. gegenüber versprechen. Und viele machen es, weil sie es müssen….
Um einen kleinen Überblick zu geben, erwähnen wir heute einmal einige der wichtigsten Dinge. Vollständig ist das Ganze nicht, da es dann absolut zu lang (und langweilig) wäre. Dabei sind wir nach ISO17025 akkreditiert (forensische Prüflabore).
Was heißt also „Akkreditierung“ speziell für ein Labor?
JEDES Labor kann sein System akkreditieren lassen. Das nennt man das Qualitätsmanagement (QM) und nahezu alle akkreditieren Labore verfügen hierzu über ein unfassbar dickes QM-Handbuch. In diesem werden allgemeine Dinge geklärt:
1) Kompetenz der Mitarbeiter: Welche Ausbildung haben sie, wie bilden sie sich regelmäßig fort, welche Zusatzqualifikation haben sie? (So darf ein ganz normales Abstammungsgutachten in Deutschland nur ein geprüfter Fachabstammungsgutachter durchführen), ab wann können sie welche Analysen bzw. Auswertungen selbständig bearbeiten?
2) Laboraufbau und Ausstattung: Hier werden die Räumlichkeiten überprüft. Wichtig: Jeder Arbeitsschritt hat sein eigenes Labor! Spurenannahme und -bearbeitung, DNA-Extraktion, PCR, Post-PCR und Auswertung. Selbstverständlich gibt es keine Großraumlabore, alles ist getrennt und wer von dem einem Labor in das andere möchte, muss sich umziehen. Die Geräte stehen nicht alle nebeneinander und sind auch der Funktion nach geteilt. All dies dient der Vermeidung von Kontaminationen. Auch klar: Nur die Mitarbeiter dürfen in das Labor und alle Zugänge sind gesichert.
3) Labortrennung: Es gibt mehrere, voneinander ordentlich getrennte Arbeitsplätze, z.B. einen für Täterspuren und einen für Opferspuren; bzw. einen für Spuren unbekannter Herkunft und einen für Vergleichsmaterial und die Bearbeitung muss zusätzlich zeitlich voneinander (in richtiger Reihenfolge) getrennt sein. So wird vermieden, dass morgens um 10 Uhr das Vergleichsmaterial eines Tatverdächtigen (TV) bearbeitet wird und eine halbe Stunde später kommt die Zigarettenkippe vom Tatort. Wenn dann die DNA des TV an der Kippe ist, hat man als Gutachter ein echtes Problem und im schlimmsten Fall geht die Beweisführung den Bach runter…
4) Verfahrensanweisungen und Standardarbeitsanweisungen für ALLE Laborschritte und die gesamte Organisation: Alles, was im Labor gemacht wird, ist auf das Genaueste in entsprechenden SOPs (standard operation procedure) beschrieben. Und damit sind nicht nur die Methoden gemeint. Es gibt u.a. SOPs für:
• Eingang der Probe im Labor und Umgang mit den Informationen
• Dokumentation der Spurenträger (Was wurde untersucht?)
• Bearbeitung des Spurenträgers im Labor (und es geht hier schon mit dem kontaminationsfreien Auspacken los)
• Reinigung der Labore, um Kontaminationen zu vermeiden (eines der größten Probleme für den Forensiker)
• Entnahme von Spuren zur genetischen Analyse allgemein (von Personen und Gegenständen). Hier waren wir im letzten Jahr eines der ersten Labor bundesweit, die nach neuer, überarbeiteter Norm akkreditiert wurden.
• DNA-Extraktion, genetische Typisierung, Spurenvortests etc….
• Auswertung der Rohdaten
• Darstellung der Ergebnisse im Gutachten (Aufbau, Informationen, Erklärungen etc.)
• u.s.w u.s.w. u.s.w.
5) Verfahrensanweisungen und Standardarbeitsanweisungen für möglichst alle Methoden: Für alle Methoden existieren ebenfalls SOPs. Diese beinhalten nicht nur eine genaue Beschreibung, wie die Methoden durchgeführt werden, sondern auch wie sie ausgewertet werden müssen. Wir haben tatsächlich sogar für unsere einfachen Farbnachweise von Körperflüssigkeiten Farbtafeln, die zeigen, ab wann das Ergebnis als sehr gut (+++), gut (++) oder ok (+) bezeichnet werden darf und wissen genau, mit welcher Menge Blut bzw. welcher Verdünnung noch ein „+“ zu erzielen ist.
6) Nachweis, dass die Methoden korrekt durchgeführt und ausgewertet werden können: Die Ringversuche. Hier muss gezeigt werden, dass das Labor auch tatsächlich in der Lage ist, Proben und die zugehörigen Ergebnisse richtig zu beurteilen. Idealerweise gibt es Ringversuche (RV). So nehmen wir an insgesamt vier RV für unsere Abstammungs- und unsere Spurenuntersuchungen teil. Hier beteiligen sich Labore aus der ganzen Welt und einmal jährlich vergleichen wir uns auf internationalen Kongressen. Es gibt Urkunden für die erfolgreiche Teilnahme und diese ist Voraussetzung für die Akkreditierung. Tatsächlich darf man auch mal Fehler machen. Fakt ist, dass die Akkreditierung helfen soll, Fehler zu vermeiden, aber auch sich stets zu verbessern. Und wenn das Labor irgendwo einen Fehler gemacht hat, muss dies genau erklärt werden und es muss eine Lösung erarbeitet werden, damit dies möglichst nicht wieder passiert (nennt sich Fehlermanagement). Fehler kann jeder machen; sie müssen nur aufgearbeitet werden, um sie beim nächsten Mal möglichst vermeiden zu können.
7) Nachweis der Eignung der Labormethoden OHNE Ringversuche: Ein Labor kann auch Methoden akkreditieren lassen, ohne dass es weltweit organisierte Ringversuche gibt. Hierzu muss ein Prozedere entwickelt werden und das Labor muss in entsprechenden Anweisungen darlegen, wie es seine eigenen Methoden überprüft und wie es sicher geht, dass diese ordentlich und absolut reproduzierbar funktionieren. Das ist besonders wichtig für Methoden, die Labore selbst entwickeln und für die es entsprechend (noch) keine organisierten RV gibt.
8) Und es gibt noch vieles mehr: Weiterhin beschrieben, erklärt, dokumentiert sind Punkte wie: Lieferantenbewertungen, Bestellwesen, Laborreinigung, Lagerung der Chemikalien, Haltbarkeit von Reagenzien und Verbrauchsmaterialen (so transparent, dass man zu jedem Gutachten herausbekommen kann, mit welcher Charge von Reagenzien hier gearbeitet wurde) u.v.m. …
Warum das Ganze?
Tatsächlich ist nicht jedes akkreditierte Labor gleich gut und nicht jedes, das nicht akkreditiert ist, ist zwangsläufig schlecht. Aber, ein Außenstehender kann sicher gehen, dass ein akkreditiertes Labor gewisse Standards einhält. Selbst wenn alle Methoden nicht akkreditiert wären, könnte jedes Labor sein System akkreditieren lassen und man wüsste, dass gewisse Grundvoraussetzungen und damit ein bestimmter Mindest-Qualitätsstandard gewährleistet ist. Auch wir haben nicht alle Methoden akkreditiert, weil die regelmäßigen Überwachungen auch unfassbar teuer sind und man oft erst sehen muss, ob sich die entsprechenden Methoden etablieren und auch lohnen. Aber selbstverständlich kann man auch die nicht-akkreditieren Methoden nach QM-Prinzipien durchführen.
Zusammenfassen kann man also, dass es wahnsinnig viel Arbeit und noch mehr Geld ist, was für die Akkreditierungen benötigt wird. Bedenkt man allerdings die Tragweite vieler solcher Untersuchungen (ein Vater bezahlt sein Leben lang für sein Kind, ein TV kommt als Vergewaltiger ins Gefängnis, ein verurteilter Mörder wird freigesprochen…), sollte klar sein, warum hier die Hürden so hoch aufgebaut sind. Zusätzlich sind wir sind der Meinung, dass auch die „kleineren Fälle“, die nicht gleich beim Landgericht landen, genau dieselbe Sorgfalt verdienen.
Wir hoffen, wir konnten ein wenig Klarheit bringen und wünschen allen einen schönen Wochenstart
Euer ForGen-Team
ForGen informiert: Was heißt eigentlich Akkreditierung?