Heutzutage kann die Wissenschaft sehr viel und der Anspruch ist bei den meisten Menschen extrem hoch. Umso unverständlicher reagieren viele, wenn ihnen gesagt wird, dass manches sich nicht 100 %ig feststellen lässt! Geschwisterschaften zum Beispiel. Diese können statistisch berechnet werden, wobei es sich aber immer nur um Wahrscheinlichkeiten handelt, und jeder weiß, dass sich manche Dinge jeder Wahrscheinlichkeit widersetzen. Sicher vererbt die Mutter immer ein Merkmal an das Kind und das zweite Merkmal bekommt es vom Vater. Das nennt sich Rekombination; das Kind wird aus den Merkmalen der Eltern zusammengewürfelt. Rein statistisch gesehen haben damit alle Kinder dieser Eltern eine höhere Wahrscheinlichkeit, gleiche Merkmale aufzuweisen, als unverwandte Kinder.
Kommen nun vielleicht zwei Menschen zu uns, beide weit über 80 Jahre alt und möchten gerne wissen, ob sie tatsächlich den gleichen Vater haben oder aber ob es damals einen Familienskandal zu verdecken galt. Es stellt sich die Frage der Vollgeschwisterschaft. Auch wichtig: Mutter und Vater sind absolut unverwandt. Das können wir untersuchen und hierzu haben wir vor einigen Jahre eine große Studie durchgeführt mit 346 sicheren Geschwisterpaaren, Tausenden von Berechnungen mit diesen Daten und dazu eine simulierte Analyse mit über einer Million simulierten Geschwisterpaaren. Was kam heraus? Geschwisterfeststellungen können gut funktionieren, müssen aber nicht. In den meisten Fällen kann man die Verwandtschaft gut feststellen; es bleiben aber immer wieder Fälle, die sich nicht lösen lassen. Und das hat nichts mit der Qualität eines Labors oder gar des Gutachters zu tun. In dieser Studie sind Einteilungen angegeben, die mittlerweile von vielen Kollegen zur Befundung genutzt werden.
Wichtig ist, dass man weiß, was man tut und keine Ergebnisse unter den Tisch fallen lässt, bzw. sie „anpasst“. Und wer der Meinung ist, man solle etwas nicht befunden, wenn es nicht 100 % ig sicher ist, hat schlicht keine Ahnung; wer behauptet, er kann alles 100 %ig sicher befunden, lügt. So einfach ist das.
Gleiches gilt hier auch für die Verwandtschaft bei Tieren; nur, dass dies in der Regel noch schwieriger ist, weil es u.a. selten möglich ist, die Beteiligten genau zu befragen (Sind Sie sicher, dass nur der Labrador von nebenan in Betracht kommt und nicht möglicherweise dessen Bruder?). Und wer garantiert uns, dass Mama und Papa Wildtier nicht schon anderweitig miteinander verwandt sind?
Dabei gibt es u.a. bei den Hunden Merkmale, die besonders häufig bei verschiedenen Rassen auftauchen, weshalb es möglich ist, diese über eine Analyse festzustellen bzw. einzugrenzen. D.h. dann allerdings auch nicht, dass der Dackel-Pudelmischling immer genau die gleichen Merkmale vererbt und die entstandenen Welpen vom Schäferlabrador-Papa auch das gleiche erhalten haben. Genauso wenig, wie die genetischen Merkmale gleich sind, werden alle Geschwisterhunde gleich aussehen. Der eine hat mehr vom Schäferhund, der andere wackelt mit kurzen Beinchen durch die Gegend. Alles Statistik und Meister Zufall. Auch sollte hier klar sein, dass diese Analyse in keiner Weise geeignet ist, festzustellen, wie genau die Elterntiere bezüglich ihrer Rassezugehörigkeit aussahen.
Was will ForGen damit sagen? Genetik und insbesondere Forensische Genetik ist was wunderbares und hilft in vielen Fällen bei der Aufklärung verschiedenster Fragen. Zaubern aber kann keiner! Und wichtig ist es, seine Grenzen (oder die der Methode) zu kennen.
Euch eine schöne Woche und viele Grüße
Euer ForGen-Team!